Betreff und Text: E-Mail-Programme als schlechte Ratgeber

05.02.2013

Die Inbox im Mailprogramm ist für viele Menschen bereits ein Stressfaktor geworden. Noch schlimmer wird es, wenn die Betreffzeilen nichtssagend sind, aber warum schreiben so wenige Leute einen guten Betreff?

In meiner Webagentur bekommen wir natürlich viele Anfragen von Kunden, die sich mit Erweiterungen, Funktionsänderungen oder gar Problemstellungen bzw. Fehlerkorrekturen auf der Webseite des Kunden befassen.

Betreff: "Homepage"

Ein Mail an eine Webagentur mit dem Betreff "Homepage" ist etwa so klar rasch bearbeitbar wie ein Mail mit dem Betreff "Wohnung" an eine Immobilienfirma. Okay, ich muss natürlich zugeben, dass manche unserer Kunden auch einfach "HP" in die Betreffzeile schreiben (und damit nicht den Computerhersteller sondern die Abkürzung für Homepage meinen), aber das macht es eigentlich nicht wirklich besser...

Das Problem dahinter ist aber nicht der Kunde oder Ihr Geschäftspartner, das Problem dahinter ist: E-Mail-Programme sind keine guten Ratgeber in Sachen Formular-Usability. Denn E-Mail-Programme (praktisch alle, die mir bekannt sind) machen einen entscheidenden Fehler: Sie Fragen uns (aus der alten Tradition des Geschäftsbriefes heraus) in dieser Reihenfolge nach den Daten:

  1. Empfänger
  2. Betreff
  3. Inhalt / Text

Gut, dass wir uns beim E-Mail nicht auch noch um das richtig positionierte Datum und den korrekten Absender kümmern müssen, wenn wir selbst eine E-Mail an jemanden senden. Legen wir diese Vorgehensweise unserer E-Mail-Programme doch einmal auf ein echtes kommerzielles Unternehmen um. Sagen wir, Sie möchten sich über ein Produkt erkundigen.

Bitte nennen Sie die zuständige Abteilung...

Nehmen wir als Beispiel: Sie haben ein Problem mit einem Monitor an Ihrem Computer, der Monitor ist ein Originalgerät von Moser Computer (Name frei erfunden). Beim Umsehen auf der Webseite von Moser-Computer stellen wir fest, dass es im Bereich Produkte unterschiedliche Kategorien gibt. Unter anderem:

  • Monitore und Flachbildschirme
  • Original Moser-Computer-Zubehör
  • Garantieverlängerung
  • Moser-Computer Total Care® (hört sich auch nach Reparatur oder Garantie an...)

Jetzt stehen wir schon vor der ersten Hürde, wohin wir uns wohl bewegen sollen um unsere Anfrage richtig zu platzieren.

Jetzt füllen Sie bitte den Betreff aus...

Noch bevor wir in einem Textfeld genau erklären können, worin unser Problem besteht (und nebenbei gesagt wir auch nicht wissen, ob wir uns überhaupt bei der richtigen Abteilung aufhalten), sollen wir also den Betreff ausfüllen. Nichts naheliegender als ein Betreff wie "Problem" oder "Mein Monitor".

Erst beim Schreiben wird es klar: Fragen Sie einen Buchautor

Wenn Sie einmal die Gelegenheit haben mit einem Buchautor über sein Werk zu sprechen - Veranstaltungen und Lesungen gibt es in vielen Städten der Welt - dann könnten Sie beim Nachfragen eine interessante Erfahrung machen. Viele Buchautoren skizzieren ihre Geschichte, schreiben die Geschichte dann auf und zuletzt wird nach dem passenden Titel gesucht. Wie sonst könnte ein Titel eines Buches oftmals beispielsweise an ein schlagkräftiges Zitat einer Hauptfigur im Buch entstammen, wenn das Buch noch gar nicht geschrieben ist.

Wir können von den Buchautoren (es gibt sicher auch bei dieser Vorgehensweise Ausnahmen) eines lernen: Den richtigen Titel, der aussagekräftig ist und uns schnell dazu führt, dass wir verstehen, wie der Inhalt eines Buches sein wird und was wir zu erwarten haben, bekommen wir dann, wenn wir uns darüber im Klaren sind, wie der Text des Buches ist oder zumindest wie die Geschichte verläuft.

Beispiel: Monitor-Problem...

So würde das Ergebnis nach der "bisher üblichen" Vorgehensweise aussehen:

Empfänger: Monitor-Abteilung <monitor@moser-computer.zz>

Betreff: Mein Monitor

Text:
Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich habe ein Problem mit dem Monitor, den ich über den Händler ABC gekauft habe. Das Gerät ist von Ihnen hergestellt worden, es ist ein 17 Zoll-Gerät und ich habe fehlerhafte Pixel in der Darstellung. Konkret gesagt ist die Darstellung in der Mitte mit einer vertikalen roten Linie zu sehen. Die Linie ist 1 Pixel breit und zieht sich über den ganzen Monitor.

Beim Blick auf meine Rechnung habe ich festgestellt, dass der Monitor eigenltich mit einer Garantieverlängerung gekauft worden ist. Ich habe damals um 99 Euro Ihr "Total Care"-Paket erworben und müsste daher noch Garantie haben. Das Gerät habe ich vor 3 Jahren gekauft. Bitte um Information, ob ich das Gerät zum Händler zurückbringen soll oder ob Sie es direkt austauschen können.

Mit freundlichen Grüßen,

Franz Mustermann

PS. Seriennummer meines Monitors ist: X-C493069 / SK

Das Ergebnis der Mail könnte, wenn man das ganze umorganisiert, aber auch so aussehen:

Text:


Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich habe ein Problem mit dem Monitor, den ich über den Händler ABC gekauft habe. Das Gerät ist von Ihnen hergestellt worden, es ist ein 17 Zoll-Gerät und ich habe fehlerhafte Pixel in der Darstellung. Konkret gesagt ist die Darstellung in der Mitte mit einer vertikalen roten Linie zu sehen. Die Linie ist 1 Pixel breit und zieht sich über den ganzen Monitor.

Beim Blick auf meine Rechnung habe ich festgestellt, dass der Monitor eigenltich mit einer Garantieverlängerung gekauft worden ist. Ich habe damals um 99 Euro Ihr "Total Care"-Paket erworben und müsste daher noch Garantie haben. Das Gerät habe ich vor 3 Jahren gekauft. Bitte um Information, ob ich das Gerät zum Händler zurückbringen soll oder ob Sie es direkt austauschen können.

Mit freundlichen Grüßen,

Franz Mustermann

PS. Seriennummer meines Monitors ist: X-C493069 / SK

Betreff: Pixelfehler: Monitor-Reparatur (Total Care) Seriennummer X-C493069 / SK

Empfänger: Moser Computer Total-Care-Abteilung <totalcare@moser-computer.zz>

Der Text beider E-Mail-Nachrichten ist identisch, aber wenn Sie den Betreff und den gewählten Empfänger vergleichen, so werden Sie feststellen, dass die Reihenfolge der Eingabe für den Nutzer etwas bewegt hat:

  1. Beim Durchsehen seiner Unterlagen kam er schon beim Text schreiben zur Erkenntnis, dass er damals auf der Rechnung ein Total-Care-Paket hatte. Daher wendet er sich direkt an diese Abteilung.
  2. Für den Betreff der Mail ist dem Nutzer schon klar geworden, welche wichtigen Informationen er zusammenfassen könnte, damit sein Anliegen möglichst schnell bearbeitet wird.

Und auf der Seite des Empfängers? Nun, auf dieser Seite wurde auch das Leben leichter gemacht, denn der richtige Empfänger bekommt eine Mail, die bereits im Betreff aussagt worum es geht.

Wenden Sie das auf benutzerfreundliche Formulare an!

Fragen Sie Ihre Nutzer zuerst, was denn das Anliegen ist und lassen Sie Ihre Nutzer danach entscheiden mit welcher "Überschrift" die Nachricht passenderweise versehen werden sollte und - sofern das bei Ihnen sinnvoll ist - lassen Sie ihn danach entscheiden, wer überhaupt die Nachricht in Ihrem Unternehmen am besten bekommen soll, schließlich hat Ihr Besucher im Web ja auch ein konkretes Interesse: Das Problem oder Anliegen soll möglichst schnell von der richtigen Person beantwortet werden.

Wenn Sie das so machen, werden Sie in Webformularen feststellen, dass die Betreffzeilen automatisch aussagekräftiger (im Schnitt) werden. Und Sie werden gegebenenfalls auch feststellen, dass eher der richtige Empfänger ausgewählt wird.

Richtige Reihenfolge (anders als in Ihrem E-Mail-Programm)

  1. Textfeld (mehrzeilig) für das Anliegen des Kunden
  2. Eventuelles Uploadfeld für ein Bild, einen Beleg...
  3. Textfeld für einen passenden Betreff
  4. Optional: Auswahl des richtigen Empfängers
  5. ... danach die Daten des Kunden (Vorname, Name, E-Mail...) ...

Zurück zur Übersicht: Formulare im Web